Bikes at the Khunjerab Pass

Robert Matzinger's Cycling Karakoram Highway Pages

Camel and cyclist

Cycling Karakoram Highway Story Page


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Die Geschichte der Reise:

Cycling Karakoram Highway

"Allah.. Akba, Allah.. Akba,..." Wieder einmal höre ich dem Muezin zu. Wie jeden Morgen liegt diese eigenartig dissonante Klangwolke über der Stadt. Es ist der letzte Tag unserer Reise durch Pakistan und China. Vom Fenster unseres kleinen pakistanischen Hotels sehe ich wie Rawalpindi langsam erwacht.

Obwohl es mir sehr weit weg erscheint erinnere mich gut an unsere Ankunft. Es war beklemmend. Zuerst einmal die Luft, die uns heiß und feucht wie ein dampfender Schwamm aufsog. Dann die Menschenmassen, die sich überall um uns drängten, unsere Fahrräder bewunderten, betasteten, einer Mauer von staunenden Augen gleich. Wir waren froh das nächstbeste "Hotel" zu finden und uns dort hinein zu flüchten.

Welcher Unterschied zu jetzt. Wir fühlen uns wohl hier, geborgen und sicher in diesem orientalischen Wirrwarr von Gäßchen, Bazaren, Läden, Werkstätten und Hinterhöfen. Längst haben wir uns einheimische Kleidung zugelegt - Veronika hat sich sogar an das Tragen der großen Kopftücher gewöhnt - und wir freuen uns über jedes Gespräch, über jede Einladung zum Tee, zum Essen, ... Dabei hat sich Rawalpindi sicher nicht verändert, wir sind es, die wir uns verändert haben auf dieser Reise.

Zu zweit waren wir hierher gekommen um gut zwei Monate lang mit unseren Fahrrädern den Karakorum Highway (mit einigen Abstechern) zu bereisen. Diese in den 60er bis 80er Jahren gebaute Straße verbindet die beiden Ebenen diesseits und jenseits des gewaltigen Gebirgszuges aus Himalaja, Karakorum, Hindukush und Pamir - den fruchtbaren Punjab des indischen Subkontinents mit dem Tarimbecken Zentralasiens, in dessen Mitte die Wüste Takla-Makan liegt. Von Rawalpindi/Islamabad der Hauptstadt Pakistans führt die Straße durch das Industal, das Hunzatal über den fast 5000m hohen Khunjerabpaß und über gewaltige Hochebenen bis nach Kashgar im westlichen China - insgesamt haben wir ca. 2000km zu radeln (und über 20000 Höhenmeter bergauf, wie sich später herausstellt).

Jetzt am Ende der Reise fühlen wir uns gleichermaßen leer und erfüllt. wir können wirklich zufrieden sein. So gut wie alles ist uns geglückt. Nun müssen wir plötzlich keine Pläne mehr wälzen und keine Unwägbarkeiten kalkulieren. Wir finden Ruhe zurückzublicken - ein deutliches Zeichen, daß die Heimreise beginnt.

Am Anfang - Punjab, Hazara - war es schon ziemlich hart. Erdrückend heiß und schwül. Es geht immer wieder steil bergauf - Hazara ist ein hügeliges Land. Das Hauptproblem aber sind die vielen Leute, die alle zwar sehr freundlich aber auf eine kindlich-aufdringliche Art neugierig sind. Es ist fast unmöglich ein Plätzchen zu finden, an dem man einmal für ein paar Minuten alleine ist, selbst für gewisse Geschäfte... "Where you come from" - tönt es sofort irgendwoher. Und dabei hätten wir ein paar Pausen bei der Hitze und jetzt am Anfang der Reise so dringend nötig. Man muß es den Leuten nachsehen. Trotz angepaßter Kleidung - kurze Hosen und T-Shirts sind hier tabu - sind wir mit unseren Fahrrädern und unserer hellen Hautfarbe Exoten von einem anderen Stern für sie.

Schließlich senkt sich die Straße steil ins Industal und markiert damit den Beginn der nächsten Etappe - Kohistan. Kein Land mit guten Ruf. Man empfiehlt uns auf dem "Highway" zu bleiben und nicht im Freien zu nächtigen, die Polizei hat nur sehr beschränkten Einfluß hier. Und obwohl das die Ausnahme bleibt, begegnet man uns hier manchmal etwas feindselig - Kinder werfen Steine und Veronika leidet unter der neurotischen Einstellung, die die Männer in diesem fundamentalistisch islamischen Landstrich zu Frauen haben. Nicht angenehm für sie trotz Kopftuch und langer alles bedeckender Bekleidung als einzige Frau auf der Straße von Männern offen und manchmal feindselig begafft zu werden. Aber oft werden wir auch sehr freundlich aufgenommen und dann läuft das ganze Dorf zusammen, wenn wir irgendwo eine Einladung zum Tee angenommen haben. Obwohl hier viele Touristen durchfahren, bleibt kaum einmal ein Bus stehen und so finden wir die kleinen Dörfer ursprünglich und unberührt vor.

Unsere Ernährung stellt uns hier in Kohistan vor einige Probleme. Wir wissen, daß wir nicht die landesüblichen Abwehrkräfte besitzen. So scheuen wir uns vor allem am Anfang der Reise aus den rußgeschwärzten "Küchen" (meist nur ein Bretterverschlag) der Hotels und Fernfahrerabsteigen zu essen und es auf einen Durchfall ankommen zu lassen. Da es sonst nicht viel gibt reduziert sich unsere Diät vielfach auf Tschapati (so heißt das hier übliche Fladenbrot) mit Äpfel und Zwiebel - ersteres ist immer frisch aus dem glühendheißen Ofen, letztere kann man schälen.

Nach dem Indusknie wird die Landschaft wüstenhaft und spärlicher besiedelt. Einige Tage fahren wir am Fuße des Nanga Parbat (8125m) entlang, der das westliche Ende des Himalaja markiert - ein unglaublicher Koloß von einem Berg.

Schließlich erreichen wir Gilgit, das Zentrum des nördlichen Pakistan, etwas besser ausgestattet, aber immer noch ursprünglich und orientalisch. Für uns ein Ort die ersten größeren Durchfälle auszuheilen, die hier wohl kaum einem Reisenden erspart bleiben und uns zu erholen, bevor wir die nächste Etappe - Hunza - in Angriff nehmen.

Welch ein Anblick, wie sich hier die Bergriesen des Karakorum über die fruchtbar grünen Täler erheben - Rakaposhi, Diran, Ultar Peak, Shispar und wie sie alle heißen mögen. Diese grüne liebliche Landschaft wäre Wüste ohne das Netz winziger Bewässerungkanäle, das hier über Generationen hinweg entstanden ist und den Charme dieses Landes und wohl auch die Menschen prägt. Freundlich sind die Hunzakut, hilfsbereit, tüchtig, ehrlich und auf eine liebenswert pragmatische Weise religiös - wir gewinnen eine völlig andere Einstellung zum Islam. Diese Menschen besitzen nicht viel, aber sie sind nicht arm.

Wir wandern einige Tage entlang von riesigen Gletschern in die Täler abseits des Highway zu den Hochalmen, wo man hier den Sommer über Milch- und Viehwirtschaft betreibt. Wir sind, was hier unüblich ist, ganz allein unterwegs, ohne Führer und Träger. Das überrascht die Leute und bewirkt ungläubiges Staunen in den zerfurchten Gesichtern der Männer und Frauen hier heroben. Familienmitgliedern gleich werden wir begrüßt und aufgenommen und der Gedanke an diese Begegnungen wärmt uns noch lange und beschämt uns, wenn wir an die Beziehung zu Fremden in unserem eigenen Land denken.

Bevor wir dem oberen Hunzatal folgend mit den Fahrrädern den Khunjerabpaß erreichen, gelingt es uns noch einen der vielen namenlosen Gipfel zu ersteigen und wir genießen eine wunderbare Aussicht über kaum kartographierte Gipfel.

Nach dem Paß ändert sich die Landschaft dramatisch. Riesige von den Vieherden der hier lebenden Nomaden bevölkerte, leicht mit Schnee bezuckerte Hochebenen tun sich auf, dahinter breite zyklopische Berge, darüber Schäfchenwolken. Alles ist riesig und weit, wie ein Strich in der Landschaft durchzieht der Highway schnurgerade diese Ebenen. Stundenlang radeln wir geradeaus. Der Karakulsee liegt malerisch inmitten dieser unendlichen Steppenlandschaft eingerahmt von zwei breiten 7000ern. Yakherden ziehen an unserem Zeltplatz vorbei. Einen der schönsten Plätze Asiens haben Reisende, die mehr erlebt haben als wir, diesen Ort genannt - wohl zurecht. Wie in Trance erleben wir die folgenden Tage bis Kashgar, die sicherlich allein schon von der Landschaft einen Höhepunkt der Reise darstellen. Und noch dazu ist China eigentlich eine Draufgabe mit der wir gar nicht rechnen konnten. Erst in Gilgit haben wir erfahren, daß das individuelle Reisen jetzt hier gestattet wird (wer weiß wie lange) und nur wenige Radreisende sind vorher mit vielen Tricks durchgekommen.

Schließlich erreichen wir Kashgar - jene über tausend Jahre alte Handelsmetropole am westlichen Ende des Tarimbeckens an einem Knotenpunkt der Seidenstraße. Die Stadt hat uns schnell aufgesogen in ihrem Gewirr, überall Händler und Handwerker auf den Straßen, ein erstaunliches Durcheinander von Gesichtern, die unter den unterschiedlichsten Kopfbedeckungen hervorblicken. Uyghuren, Tadschiken, Khirgizen,... die sich mit den hier angesiedelten Chinesen kaum vermischt haben.

Einmal in der Woche findet hier seit urdenklichen Zeiten der sagenhafte "Sunday Market" statt, "die Mutter aller orientalischen Bazaare", wie wir später scherzhaft zueinander sagen. Viele tausend Menschen sind auf den Beinen, teils sind sie tagelang hierher unterwegs gewesen. Man kann hier wirklich alles kaufen - Teppiche, Kamele, Schafe, Messer, Nahrungsmittel aller Art, seltsame Heilmittel wie getrocknete Schlange, etc. - vor allem aber beeindruckt uns die Vielfalt an zerfurchten Gesichtern die wir hier sehen.

Eine abenteuerliche Fahrt mit dem Bus, per Autostopp und auf unseren Fahrrädern (mit einigen bürokratischen Hindernissen) bringt uns zurück nach Gilgit, wo wir wieder einmal Durchfälle auszuheilen haben.

Die letzte Etappe das obere Industal hinauf nach Skardu, als Draufgabe geplant, hat es dann noch in sich. Die alte für Militärfahrzeuge gebaute Straße hat unglaubliche Steilstücke und durch dornige Pflanzen haben wir jede Menge Patschen, einmal allein sieben an einem Tag. Wir haben es eilig und radeln wie die Besessenen durch die enge Schlucht. Unvergeßlich, als sich dann nach vier Tagen die Ebene von Skardu im Morgennebel vor uns auftut. Und als uns das Flugzeug bei schönstem Wetter am Nanga Parbat vorbei nach Islamabad trägt wissen wir, daß diese Reise die Mühe wert war.

Nun sitzen wir hier in unserem kleinen Zimmer in Rawalpindi. Wir fühlen uns erfüllt, beeindruckt, verändert. Bei allen landschaftlichen Eindrücken war es vor allem eine Reise zu den Menschen dieser Länder - wir haben sie achten, verstehen und ein wenig lieben gelernt. Wir haben die Größe Asiens erahnt und die Vielfalt der Landschaften als Radreisende (in doppeltem Sinne des Wortes) "erfahren". Wir werden wohl einen Teil von uns hier lassen. Natürlich gibt es Blessuren und Wehwehchen, aber die werden bald auskuriert und vergessen sein - bis auf eines: Das "Asienfieber" - es ist unheilbar.

Robert und Veronika Matzinger


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Last modified Feb. 97